Einseitigkeit mit System
Kürzlich hat ein Artikel das Abrutschen der Republik in Einseitigkeit mit Spieltheorie erklärt, einem Ansatz aus einem Spezialgebiet der Mathematik. Demzufolge gilt es, möglichst viele Wähler zu gewinnen. Stellen wir uns die Wählerschaft als Gaußsche Glockenkurve vor: Die meisten Wähler tendieren zur Mitte, je weiter es nach links oder rechts außen geht, desto dünner der Streifen. Demensprechend bilden sich Volksparteien zunächst in der Mitte: Eine in der Mitte mit linkem Rand (die damalige SPD), eine in der Mitte mit rechtem Rand (die damalige CDU).
In diesem Modell geht das so lange gut, wie das Gleichgewicht nicht gestört war. Anfangs gab es rechts und links Parteien: Links die zeitweise als verfassungsfeindlich verbotene KPD, später DKP. In der Zeit nach Verbot 1956 vor Neugründung 1968 gab es keine Linkspartei. Hier hinkt das Modell, denn es gab trotzdem keinen Rechtsrutsch. Verfemt war nach dem Faschismus vor allem die Rechte. Auf der rechten Seite gab es die Deutsche Partei (DP), die eher einer monarchistischen Gefühlslage entsprang, aber politisch kaum ein Konzept hatte, daher als die treuesten Abnicker von allem galt, was Kanzler Adenauer von der großen Schwesterpartei CDU wollte, von der sie sich immer wieder Stimmen leihen mußte, um die 5-Prozent Hürde zu schaffen. Die DP galt als treuer zu Adenauer als die CDU selbst. Außerdem gab es die Deutsche Reichspartei (DRP), der ein paar braune Lebensläufe nachgesagt wurden, was nach dem Krieg aber schwer vermeidlich war, da die meisten bekannten Persönlichkeiten korrumpiert waren – wer nicht mitmachte, hatte im Inland keine Möglichkeit, zur bekannten Persönlichkeit aufzusteigen. Das hinderte die bürgerlichen Parteien nicht, um Mitglieder der DRP zu werben. Sie (mit damals wohl echten, nicht wie heute eingebildeten braunen Flecken) waren als Überläufer willkommen, darunter der damals noch schwachen FDP, die einige übernahm und integrierte.
Nun zum Modell aus der Spieltheorie: Solange es wählbare Parteien rechts von der Mitte gab, andererseits der linke Flügel sich bereits als vermeintlich „intellektuell” präsentieren konnte, gab es ein gewisses Gleichgewicht: die CDU fischte in der Mitte, und mit der DP auf der rechten Mitte, die SPD in der Mitte und auf der linken Seite. Dann gelangen CDU und FDP ein Coup: Sie zerlegten die rechten Parteien, übernahmen viele ihrer Mitglieder. Danach gab es nichts mehr rechts von ihnen. Nunmehr gab es für die rechte Hälfte der Bevölkerung keine Alternative mehr zur CDU. Im Bürgertum kursierte damals die Parole: sie könne aufgrund ihrer Bildung gar nicht anders als CDU wählen, die SPD sei für Gebildete unwählbar. Daher brauchte die CDU auf ihre Stammwähler keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen. Was immer sie anstellten, soviel diese auch murrten, hatten sie doch keine andere Wahl, als bei der CDU ihr Kreuz zu machen. Wohl aber konnte die CDU nun auf der linken Seite der SPD – und später anderen – Wähler wegfischen. Deshalb begann die Linkswanderung der CDU/CSU. Letztere betätigt sich heute nur noch als Maulhelden, die für Restsympathien für die alte CDU, CSU und FJ Strauß ein paar Sprüche klopfen, um anschließend vor Angela Merkel zu Kreuze zu kriechen und verläßlich wie ein Uhrwerk das exakte Gegenteil dessen zu beschließen, was ihre Sprüche im Wahlkampf versprochen hatten.
Nun gab es weitere Ereignisse: die Studentenrevolution von 1968, ein Generationskonflikt, die geistig alles erschütterten und ins Wanken brachten. Neue Parteien bildeten sich auf dem linken Flügel: DKP, schließlich Grüne, die anfangs heftigst als undemokratisch und unwählbar kritisiert wurden, was eine durchaus realistische Beschreibung gewesen sein dürfte. Doch anders als weitere linke Splitterparteien (und seltener rechte Splitterparteien wie die NPD, die aber als unwählbar galten und daher mehr schadeten als nutzten), vermochten sich die Grünen – nach der Wende zusätzlich die mit SED/PDS fusionierte Linke – als politische Kraft zu etablieren.
Sowohl das Auftauchen der Grünen in den 1970ern, als auch der Linken in den 1990ern ergaben einen heftigen Linksschub der gesamten Gesellschaft. Denn nun mußten die bürgerlichen Parteien bei einer erheblichen Wählerschaft auf der Linken fischen, wogegen es rechts nichts zu holen gab. Sowohl SPD als auch CDU vertraten bald Positionen, die genaues Gegenteil dessen waren, was sie einst vertreten hatten. Die bürgerliche Mitte hatte ausgedient, wurde zu einem verwaisten Ruinenfeld, das auf der rechten Seite zurückgelassen wurde, weil alle gleichzeitig im Wettbewerb um Wähler nach links gewandert waren. Schließlich war die bürgerliche Mitte fern rechts außen; nur noch ‚Ewiggestrige’ spukten dort herum, so die Unterstellung.
Diese Darstellung ist interessant, beschreibt aber nur die rationale Seite des Vorganges. Doch es gibt auch eine irrationale und ideologische, die wir jetzt betrachten wollen.
Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein zuvor in der Politik nicht übliches Phänomen beobachtet: Hysterie. Es waren Feministinnen der ersten Welle, die für ihre hysterischen Ideen, Methoden, Vorgehensweisen, ja eine hysterische Existenz bekannt und berüchtigt waren. Damals wurde bereits von einer „schweigenden Mehrheit” gesprochen, die von einer radikalen, militanten Minderheit überschrieen wurde. Belegt sind auch Beobachtungen, wie unbequeme feminismuskritische Sichten in Medien unterdrückt wurden: Boykott und Behinderung Andersdenkender als Agitationsmethode entstand damals aus der feministischen Bewegung.
In den 1960ern brach eine neue feministische Welle aus, die sich ganz nebenbei gegen Folgewirkungen der ersten richtete. Hatte die erste Welle erzwungen, Frauen von Lasten und Pflichten zu erleichtern, zu ‚befreien’ – obwohl männliche Lasten und Pflichten härter waren und bestehen blieben, ja verstärkt wurden –, so fühlte die zweite Welle sich gelangweilt und unausgefüllt, weil „die Gesellschaft so wenig von Frauen verlange”. Das von der ersten Welle verbreitete bequeme Luxusleben war langweilig geworden. Doch das ist nur ein Nebenaspekt, keineswegs das Hauptproblem.
Die zweite Welle brachte neuerlich massive Hysterie, subjektive Befindlichkeit, parteiische Agitation, unlogisches Fordern als Methode, Geisteshaltung und Lebenseinstellung ins Herz der Gesellschaft, über das Maß hinaus, indem solche Irrationalität und Einseitigkeit bereits von der ersten Welle verankert worden war, die daher auch als Vorläufer von Faschismus und Kommunismus zu sehen ist. (siehe: „Flaschenpost in die Zukunft: Erster Band zur ersten Welle”)
Dabei wurde eine moralische Gesinnungsdiktatur errichtet, nach dem Motto: ‚Unsere Prinzipien’ seien ‚geheiligtes Recht’, und jeder, der anderer Ansicht sei, sei ein absoluter, totaler Bösewicht, eine Schande und Blamage für alle, und sowas dürfe gar nicht erst gesagt, gehört oder gar diskutiert werden. Es fand also eine wütende, empörte und radikale Vorverurteilung jeglicher ernsthafter Feminismuskritik statt. Und diese Einseitigkeit, die eine radikale, verirrte Ideologie zu einer Art Staatsreligion erhob, Kritik daran aber als ‚schändlich’ und ‚lächerlich’ geißelte, so daß sie gar nicht mehr gehört wurde, verschob das Gleichgewicht der Gesellschaft wesentlich radikaler, als es rationale Mechanismen hätten tun können, wie sie die Spieltheorie beschreibt.
Daher gab es seit 1968 einen ständigen Wettlauf aller geistigen Kräfte und genauso aller Parteien bei der Umsetzung radikalfeministischer Forderungen, Ideen und Einstellungen. Was noch vor kurzem als radikaler Unsinn belächelt worden war, wurde rasch zur vermeintlichen ‚Pflicht’ jedes ‚anständigen Menschen’ und zum Gesetz. Den Feministinnen wurden im Wettlauf aller überall Machtpositionen eingeräumt, bezahlte Agitationsstellen geschaffen, an Universitäten, in Betrieben, der Politik: Gleichstellungsbeauftragte, Quotenfrauen, ‚Frauenfragen’ im feministischen Sinne überall. Das ist nicht durch rationale Spieltheorie allein erklärbar. Denn die Mehrheit der Frauen war anfangs gegen Feminismus: Auch in den 1970er Jahren wurde, wie Ende des 19. Jahrhunderts, von einer ‚schweigenden Mehrheit’ Frauen und Bürger gesprochen, die das als Unsinn, menschlichen Verlust und Gefahr für Familie und Kultur ablehnten. Doch wie bereits zuvor wurde diese schweigende Mehrheit zum Verschwinden verschwiegen, in Medien allenfalls zum Verächtlichmachen verspottet.
Alle Parteien liefen gleichzeitig dem Feminismus nach, wodurch sich keine Wählergewinne ergaben. Alles was geschah, war, daß alle Parteien im Wettlauf ihre Programme immer feministischer machten. Die Mehrheit hatte keine Wahl. Da alle Parteien daran teilnahmen, konnten sie nicht dagegen stimmen. Allenfalls die Grünen waren etwas radikaler als andere; ihr Vorbild könnte nach dem Muster der Spieltheorie erklärt werden. Irrational jedoch war die absolute Stigmatierung jedes Andersdenkenden, der 1968 von hysterisch kreischenden Studentinnen niedergekeift wurde, in den 1970er Jahren in Presse und Medien laut Erin Pizzey bereits nicht mehr zu Wort kam.
Der Spiegel (vor der Erbfolge noch nicht so einseitig wie heute) schrieb über ein Feministinnen ungenehmes Buch Karin Jäckels:
«Der entsorgte Vater …
„Mit ihrem neuesten Buch allerdings hat sie Todeszone betreten, das ewige Eis stiller Ablehnung, die komplette Echo-Losigkeit”» (Spiegel 47 / 1997, S. 104 über Karin Jäckel, Buch „Der gebrauchte Mann”)
Hier geht es nicht um das Fischen von Wählerstimmen, sondern um das, was in Medien oder Büchern veröffentlicht werden kann, um das, was Menschen sagen dürfen, ohne von Stigmatisierung betroffen, aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Bax hatte 1913 berichtet, daß solche Prozesse schon damals stattfanden. Meine Bücher beschreiben ihren Zusammenhang mit feministischen Wellen, die eine Vielzahl neuer, indirekter Formen der Meinungsunterdrückung hervorbrachten. Wer nicht selbst als grundsätzlicher Feminismuskritiker die Zeit von den 1970ern bis heute erlebt hat, kann sich keine Vorstellung davon machen, mit was für einer rücksichtslosen Gehässigkeit jede ihrer Ideologie gefährliche Stellungnahme unterdrückt wurde. Die meisten schauen ungläubig, wenn sie davon hören oder lesen, weil sie es verdrängten, selbst nicht betroffen waren.
Diese Methodik wurden dann später, als sie von Feministen einmal etabliert worden war, dankbar aufgegriffen in Politik und politischen Parteien. Die gleiche Stimmung wird heute gegen die Opposition verbreitet, die wie die AfD die verlassene gesellschaftliche Mitte von einst wieder zu besetzen versucht. Tägliche Häme, völlig sinnfrei unterstellte Nazivergleiche, das Belegen mit Diffamierungen von ‚Rassismus’ über ‚Populismus’ bis zum ‚Extremismus’, die nicht nur falsch sind, sondern auf diejenigen viel besser zutreffen, die täglich solche Anschuldigungen und Diffamierungen vorbringen – all das verläuft nach dem Skript feministischer Machtergreifung ab 1968. Sogar der Terror der ANTIFA, die jegliche andere Meinung zusammenschlagen, wegboykottieren will ohne Rücksicht auf Freiheit oder auch nur Menschenleben, verläuft nach dem Muster des Feminismus. Esther Vilar wurde mit Mord bedroht, ebenso ihr Kind, so in die Emigration gezwungen – nachdem ihre Familie schon in der Nazizeit hatte emigrieren müssen.
Ebenso verläuft die finanzielle Austattung anderer Minderheiten: erst Feministinnen, dann Quotenfrauen, darauf Homosexueller, später erfundener ‚Gender’, schließlich ‚ethnischer Minderheiten’ und nunmehr Millionen meist männlicher Asylgeldforderer, die das Geschlechterverhältnis für Männer noch mehr zur Hölle machen, nach dem Abzockmuster, das Feminismus durchgedrückt hat.
Nun gilt für solche Einseitigkeit noch wesentlich stärker, was die Spieltheorie für das Werben um Wähler feststellt: Wenn eine Seite sich gar nicht mehr zu Wort melden darf, von vorneherein als ‚böse’, ‚dumm’, ‚geistig zurückgeblieben’ und ‚charakterlich verwerflich’ gilt, weil aus Sicht feministisch indoktrinierter Personen Kritik am Feminismus bereits charakterliche Verwerflichkeit ‚beweist’, dagegen die andere Seite hofiert, an Schulen und Universitäten gelehrt, in Medien täglich bis in Unterhaltungssendungen und veröffentlichte Bücher propagiert wird, ja, unsere Medien seit 50 Jahren als feministische Gehirnwäsche bezeichnet werden müssen, dann kann es natürlich weder ein Gleichgewicht, noch eine gesunde Entwicklung geben. Stattdessen rutscht eine solche Gesellschaft in beschleunigendem Tempo, schließlich im freien Fall, in den Abgrund. Zu jedem Zeitpunkt ist eine große Lobby feministisch indoktrinierter Ideologen dabei, ihre Pfründe weiter auszubauen, neue Abzockmethoden zu ersinnen, neue Vorwürfe und Kampagnen zu erfinden, wogegen die Gegenseite gar nicht existieren darf, und wenn jemand so frech ist, dagegen zu sein, dann nicht ernstgenommen, seine Argumente nicht wahrgenommen oder gar öffentlich debattiert werden dürfen.
Totales Verschweigen wird angewendet, wenn der Betriebsunfall der feministischen Diktatur eintritt, daß es jemand schafft, sich aus dem kollektiven Abgleiten einer ganzen Gesellschaft in Ideologie zu entziehen. Nur wenn die unliebsame Person gar nicht mehr verschwiegen werden kann, weil sie Leser findet, wird reagiert, indem völlig unsachliche Verrisse geschrieben werden, die sämtliche Sachargumente ignorieren, nur nach einem Vorwand suchen, irgendwas mit der ‚Moral’ ‚politischer Korrektheit’ diffamieren zu können, und das so drastisch, daß die meisten Leute abgeschreckt werden, sich mit so etwas vermeintlich ‚niederträchtigen’ oder ‚blödsinnigen’ auch nur zu beschäftigen. Denn würden sie es lesen, könnten sie merken, wie sie von solchem Verriß betrogen werden. Die Methode funktioniert. Die intolerantesten Menschen gelten oft – zu Recht – als ‚Muttersöhne’. Auch Diktatoren wie Stalin, Hitler und Napoleon sind so verspottet worden. Das gilt ebenso für feministische Männer, die in ihrer Unterwürfigkeit unter ‚feministisch korrekte’ Grundwerte besonders verbissen und boshaft sind. Dieser Menschenschlag ist gut im hämischen Verreißen und davon auch stark zu beeindrucken.
Umorientierung politischer Parteien wirkt sich nur in einem winzigen Bereich des Lebens direkt aus; das geistige Umkippen aufgrund starker irrationaler Kräfte und Hysterie dagegen prägt unser Empfinden, Selbstbewußtsein, unsere Wahrnehmung der Welt, Gefühle und Denken, Verhalten, zwischenmenschliche Beziehungen – den Kern unsrer Existenz. Eine sich rasch beschleunigende Lawine wurde ausgelöst, die unaufhaltsam ins Tal donnert, alles natürliche Fühlen, Wahrnehmen und Denken unter sich begräbt. Davon merken wir kaum etwas, weil wir selbst, unser Ich, das, was wir zu unserer Identität machen, von dieser Lawine betroffen und geprägt ist. Wir sind Teil dieser Lawine, ohne uns dessen bewußt zu sein. Wer in dieses Abrutschen der Lawine durch die feministischen Wellen vergangener Generationen geboren wurde, kennt keinen Gleichgewichts- oder Ruhezustand mehr. Wir kennen höchstens den Momentanzustand des raschen Abrutschens, den wir in unserer eigenen Kindheit erlebten, mit der wir allenfalls vergleichen können. Von Generation zu Generation liegt dieser Kindheitszustand tiefer und dem Abgrund näher. Ideologiefreie, nichtfeministische Welt ist längst jenseits unseres Vorstellungsvermögens verschwunden.
Deshalb dürfen wir uns nicht wundern, wenn ‚rechtspopulistische’ Argumente gegen die derzeitige Marotte, die Selbstabschaffung durch Verdrängung seitens Asylgeldforderer, mit radikalfeministischer Rhetorik arbeitet, die jene Kreise vor wenigen Jahrzehnten genauso heftig abzuwehren versuchten wie heute Islamisierung und demographische Selbstzerstörung. Eine funktionsfähige Kultur und ein Gleichgewicht der Geschlechter sind weit außerhalb unseres Blickfeldes geraten, weil wir so tief abgestürzt sind.
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