Geistige und kulturelle Selbstzerstörung
Bevor wir die Selbstzerstörung des Abendlandes verstehen können, müssen wir einige allgemeine Betrachtungen vorwegnehmen.
Ameisen sind staatenbildende Lebewesen, die zwar in großer Zahl leben, doch winzig sind. Aufgrund ihrer geringen Größe hieß es irgendwo, eine Ameise könne sich kaum totfallen, weil aufgrund ihres geringen Volumens die Oberfläche groß ist im Verhältnis zum Volumen und damit Gewicht. Denn mathematisch ist die Oberfläche zweidimensional, wächst und schrumpft also in zweiter Potenz. Volumen und damit Gewicht sind dagegen eine Meßgröße, die von drei Raumdimensionen abhängt. Je kleiner also ein Körper, desto geringer ist sein Volumen im Verhältnis zur Oberfläche, die wiederum mit dem Luftwiderstand zusammenhängt. Eine winzige Ameise wird also beim freien Fall viel stärker gebremst als ein Mensch oder Elefant, die sich aus einigen zehn Metern Höhe zu Tode stürzen.
Da die Ameise so winzig ist, können wir annehmen, daß auch ihr Hirn nicht sonderlich groß sein kann; zwar ist Größe nicht alles, weil auch die Qualität und Organisation zählt, doch die einzelne Ameise dürften wir als ziemlich dumm voraussetzen, ohne sonderlich in Gefahr zu laufen, von einer Studie widerlegt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, daß ein Ameisenstaat dumm sei. Programmierer haben einen Ameisenalgorithmus programmiert, der das Verhalten von Ameisen bei der Suche nach Lösungen – wie Futter oder einer Wegverbindung – nachahmt.
Sie gingen dabei von folgender Beobachtung aus: Ameisen schwärmen aus und hinterlassen Duftspuren. Von der Stärke dieser Duftspuren hängt es ab, welche Entscheidung ihnen nachfolgende Ameisen treffen. Die meisten werden der Duftspur nachlaufen, aber nicht alle. Einige schwärmen zu einem zufälligen Zeitpunkt in eine zufällige Richtung aus. Je schwächer die Duftspur ist, desto öfter und schneller wird sie ignoriert. Aber auch die stärkste Duftmarke wird nicht alle Ameisen auf Spur halten, wohl aber die meisten.
Was ist das Ergebnis? Ameisen finden so ziemlich alles. Was süß und lockend ist, wird dort, wo Ameisen leben, schnell gefunden werden, wobei sich Straßen bilden, die einen steten Strom von Ameisen zum Futter anziehen. Sogar intelligente Menschen sind fast machtlos gegen die Masse. So viele Ameisen zerquetscht werden – neue kommen nach. Hindernisse werden umgangen oder gar aus dem Wege geräumt. Jede Störung der Ameisen schafft zwar anfangs Verwirrung, wird aber rasch durch Ausschwärmen nach dem Ameisenalgorithmus überwunden.
Die Programmierer brauchten nur die Parameter optimal einstellen, wie stark eine „Duftspur” anzieht und wie oft es vorkommt, daß die einzelne, für sich allein dumme, Ameise von dieser abweicht. Mit diesem Programm machten sie sich auf die Suche nach Lösungen für komplexe wissenschaftliche und technische Probleme, wie zum Beispiel die Bestimmung von Satellitenbahnen.
Zum Verständnis müssen wir wissen, wie trickreich vom Menschen geschaffene Satelliten mit wenig Treibstoff auskommen. Es wäre viel zu aufwendig, teuer und schwierig, eine riesige Rakete zu bauen, die direkt auf ihr fernes Ziel im All zusteuert. Stattdessen wird mit viel weniger Treibstoff und Gewicht ein naher Himmelskörper angeflogen, der auch mit kleineren, uns nicht überfordernden Raketen noch erreicht werden kann. Von diesem Himmelskörper läßt sich der Satellit ablenken und beschleunigen. Aus dem Gesetz der Energieerhaltung können wir folgern, daß der Himmelskörper minimal abgebremst wird, doch das interessiert in dem Zusammenhang nicht. Diese geringe Beschleunigung reicht aber nicht. Viele Satelliten fliegen jahrelang hin und her, umrunden eine Vielzahl von Himmelskörpern wie Sonne, Planeten, Monde auf ihrem Zickzackweg ins All, bis sie genug Schwung geholt haben, um ihr Ziel erreichen zu können.
Die Berechnung solcher Bahnen ist ein Vielkörperproblem, das ziemlich knifflig ist. Der Witz ist nun: Der Ameisenalgorithmus der Programmierer fand die beste den Menschen bekannte Lösung, mit der tatsächlich Satelliten ins All befördert worden sind. Außerdem fand der Ameisenalgorithmus – Tusch bitte! – zwei Lösungen, die besser sind als alle, die mit den herkömmlichen Rechenverfahren der Menschheit gefunden worden waren.
Nun leben wir in einer Zeit des absoluten – wenn nicht absolutistischen – Individualismus. Individualität ist zu einem Selbstwert erhoben worden, hat sämtliche Verbindungen zwischen Individuen und zur Gemeinschaft gesprengt. Das Wort ‚Gemeinschaft’ ist bereits anrüchig geworden; die intolerante Linke winkt mit ihrer ‚Nazikeule’ gegen Andersdenkende, wenn das Wort nur ausgesprochen wird. Das ist eine schlechte Idee. Vergleicht einfach die dumme Ameise mit der sogar dem Menschen überlegenen Schwarmintelligenz des Ameisenstaates. Dann versteht ihr, weshalb es überheblich und sehr unklug ist, die Intelligenz von Strukturen, die das Einzelwesen umfassen, geringzuschätzen und zu vernachlässigen.
So wie der Ameisenalgorithmus kluge Lösungen findet, zu der die einzelne Ameise nicht fähig wäre, ja nicht einmal ein Mensch, so sind die durch Variation, Versuch und Irrtum über Jahrtausende fortentwickelten kulturellen Strukturen nicht einfach als ‚Aberglauben’ abzutun, wie Feministinnen es in allen Wellen getan haben.
Wenn viele Völker unabhängig voneinander in einer langen Folge von Generationen über Jahrhunderte und Jahrtausende Lösungen suchen, durch geringfügiges Ausschwärmen vom kulturellen Konsens ständig verbessern, entstehen nach dem Prinzip des Ameisenalgorithmus immer bessere, stabilere und leistungsfähigere Gesellschaften, in denen Ausgleich und Bedarf der Geschlechter in ein immer besseres Gleichgewicht gebracht wird. Wer sich mit einer ideologisch verrannten Absicht daran macht, eine solche, mühsam über Jahrtausende gefundene Lösung, radikal umzustürzen, um einseitigen, parteiischen ideologischen Gelüsten zu frönen, richtet begreiflicherweise schwersten Schaden an.
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