Verdummung

Thilo Sarrazin hat etwas wichtiges angesprochen, das ich seit Jahrzehnten beobachte und bedaure: Den Verfall der Bildung. Schon zu meiner Schulzeit brachte Fleiß gute Noten (die gutbürgerlichen Töchter meiner Klasse galten wegen häuslichem Fleiß oft als „Streber”), doch setzte sich forschender Geist noch durch. Über lange Zeit machte ich fast nie Hausaufgaben und brauchte es nicht. Kurz darauf setzte Ideologisierung ein. Andere Schulen lehrten linke und lila Tendenz. In Debatten wurden dann Ideologieklischees abgelassen mit der Begründung „Aber das haben wir doch schon in der Schule gelernt”. Mit wertneutraler Bildung waren solche Argumente sofort widerlegbar, doch kamen Argumente nicht mehr gegen inzwischen bereits vorgefaßte Meinungen an.

Die nächste Stufe nach Ideologisierung war, das Niveau zu senken, ganze Fächer wie Geschichte am liebsten abzuschaffen, oder weitgehend auf Nazizeit und ähnliches zu beschränken, weil Wissen unabhängiges Denken ermöglicht, das Ideologen hassen wie eine gefährliche Seuche, die sie eindämmen müssen. Statt zu objektivem Denken zu befähigen, wurde nicht nur Ideologie verbreitet; es traten andere Ziele in den Vordergrund: ideologische Gleichmacherei und Abschaffung jeglicher geschlechtlicher Ergänzung und Kultur, sprich: geschlechtsneutrale Umerziehung, aus der später die Genderideologie wurde, die sogar das biologische und körperliche Geschlecht, die seelische Identität umpolen oder verunsichern will. In diesen Dunstkreis gehört auch die feministische Ideologie, beide Geschlechter (die es in der negativen Verdrehung ihrer Propaganda plötzlich wieder gab) müßten gleiche Interessen und Neigungen in gleichem Umfange zeigen; der Staat sei verpflichtet, alle Unterschiede mit Einsatz von Umerziehung, Steuergeldern, massiver Beeinflussung zu bekämpfen, jede statistische Differenz der Lebensentwürfe sei eine „Benachteiligung”. Als Folge wurde indoktriniert, quotiert, umorientiert, was das Zeug hielt.

Ob dabei unglückliche und verwirrte Menschen herauskommen, die ihren Bezug aufeinander verloren haben, kaum noch zueinander passen, sich gegenseitig wehtun statt zusammen glücklich zu werden, war schnurzegal. Die seelischen und kulturellen Verluste sind gravierend, sollten unser Hauptaugenmerk haben, unsre größte Sorge sein – doch wir nehmen sie nicht einmal wahr. Eine Nebenwirkung des Prinzips „Quote statt Leistung” ist ein Verfall von Niveau und Leistung, der uns von der bis zum ersten Weltkrieg führenden Wissenschaftsnation, deren Sprache in den meisten internationalen wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendet wurde, in den Abgrund stürzen läßt.

«Schlag nach bei Sarrazin
Warum werden die Politiker immer dümmer? … Das waren noch Zeiten: 1910 war die gesamtwissenschaftliche Literatur der Welt zu über 50% auf Deutsch verfaßt. Überproportional viele Nobelpreisträger kamen aus Deutschland. Das war ein Erfolg der von Wilhelm von Humboldt konzipierten und durchgesetzten Bildungsreform.»1 (Vera Lengsfeld)

In jedem größeren asiatischen Land sehe ich heute mehr Fleiß, Leistungswille und Organisation, was einst als typisch deutsch und vorbildlich galt, als in der BRD. Wir stürzen unter das Niveau der einstigen „dritten Welt”, zehren nur noch von dem, was unsere Vorfahren aufgebaut und uns hinterlassen haben. Ohne das Erbe unserer Vorfahren würden wir heute von jedem asiatischen oder südamerikanischen Land abgehängt, wären wir bereits ein Ziel internationaler Entwicklungshilfe.

«„grobe Lücken auf dem Gebiet der Geschichte und der Evolution”, schreibt Sarrazin.
Ein Beispiel dafür ist Renate Künast von den Grünen, die es sogar bis zur Ministerin brachte. Künast, die übrigens Abraham Lincoln nicht von George Washington unterscheiden kann, forderte schon mal in der Klimadebatte, die CO²-freie Gesellschaft, weil sie nicht weiß, daß CO² unverzichtbar für das Pflanzenwachstum ist.» (a.a.O.)

Unwissenheit, Vorurteil, Indoktrination und mangelnde Fähigkeit zu selbständigem Denken verbreiten sich, wie in der politischen Kaste, so auch in der Gesamtbevölkerung.

«Kein Wunder, daß die politische und gesellschaftliche Debatte, sofern sie überhaupt noch stattfindet, immer mehr an Niveau verliert. Entscheidender aber ist, daß unsere Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt und unser wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Rang in der Welt akut gefährdet ist.
Kulturelles Wissen wird nicht mehr in ausreichendem Maße weitergegeben. „Folglich geht die Allgemeinbildung der künftigen Eliten in Deutschland auf breiter Basis zurück”. … Im heutigen Bildungssystem „wird am Ende der Bildungspyramide ein nicht ausbildungsfähiges Subproletariat herangezogen, während am oberen Ende die Begabten und Leistungsstarken gar nicht mehr herausgefordert werden, ihr Bildungspotential voll zu entfalten.”» (a.a.O.)

Das sind wichtige Beobachtungen, zu denen sich das noch größere Problem ideologischer Indoktrination gesellt. Denn Menschen sind keine Roboter. Es geht nicht nur um größtmögliche Leistung, sondern auch um ein gutes, lebenswertes, erfüllendes Miteinander, um seelische Reifung, Gefühle und Verantwortung, und um eine Kultur, die all das ermöglicht. Sarrazin hat recht mit seiner Schilderung, doch wird, wie heutzutage üblich, die kulturelle und menschliche Seite des Problems dabei übersehen.

«Diese verfehlte Politik zur Herstellung größtmöglicher Gleichheit ist eine schwere Bürde für unser Land. Die Produktivität eines Landes ist direkt oder indirekt das Resultat von Intelligenz, Bildung und Wissen. Also sind Intelligenz, Bildung und Wissen, die zentralen Faktoren für den Wohlstand von Individuen und Gesellschaften. Eine Absenkung des Bildungsniveaus nach unten, um einer Gleichheitsideologie willen, wird eher früher als später gravierende Auswirkungen auf unser Lebensniveau haben.
Eine politische Klasse, die immer ungebildeter wird, scheint unfähig zu sein, das zu erkennen.» (a.a.O.)

Unser Land macht sich zum unterentwickelten Problemstaat von morgen. Vielleicht werden demnächst Indien, China und das arabische Nordafrika Hilfsgelder in das notleidende Deutschland schicken, um es wiederaufzubauen. Die politische Kaste, die es verschuldet hat, ist bis dahin nicht mehr im Amt. Fördermittel aus islamischen Staaten dürften religiöse Nebenabsichten haben, in stärkerem Maße, als wir heute einem Druck aus den USA und der EU unterliegen, was manche bewogen hat, uns als Vasallen der USA anzusehen, statt als ein souveränes Land, das sich nicht in Streitereien zwischen den USA und Rußland hineinziehen läßt, die uns nichts angehen.

Fußnote

1 http://www.theeuropean.de/vera-lengsfeld/11182-schlag-nach-bei-sarrazin