Sie haben antifeministische Inhalte vertreten!

Auf dem Gelände ging ich mit Gesprächsversuchen über Bücher unter. Ich hatte keinerlei Bekanntheit dort, gehörte nicht zum Programm. Von den Festivals, wo ich als zur Szene gehörig mit Literatur warmherzig aufgenommen wurde (nicht von allen, aber einigen Leuten), bin ich besseres gewöhnt. Nun, es ist gut, die große weite Welt kennenzulernen, nicht im Mutterleib vertrauter kleiner Szenewelten festzustecken. Doch manchmal ist der Vorgang der Geburt schmerzhaft.

Auf der Waldbühne sprach jemand. „Anarchie” oder „Anhaarchie”? wurde mehrmals wiederholt. Keine Ahnung, was er meinte, aber es hörte sich an, als seien die linken Revoluzzer der 1970er Jahre, die damals die Studentenszene fest im Griff hatten, nun in der ‚Mitte’ der Gesellschaft angekommen und dominierten nun auch ein Festival mit Besuchern aller Altersgruppen.

Die lange Lesung eines Mädchens auf der entlegenen Seitenbühne, deren Dachsegel ein wenig an Goa erinnern, lockte mich herbei, meine Bücher zu zeigen, wenn ich denn schon nicht lesen darf. Beim Zuhören konnte ich an der Lesung keine besondere Qualität erkennen, weder inhaltlich noch beim Vortrag war irgend etwas, das mich fesseln oder auch nur bewegen könnte, zuzuhören. Aber die Frau hat einen Verlag, ist eine Größe, die von der Moderatorin vorgestellt und befragte wurde. Alles Mädel da vorne in der Lesemuschel. Kein Mann im Umfeld des Mikros. Zum Abschluß erklärt die Autorin, sie wollte kein Frauenbuch schreiben, keinesfalls auf solche Schiene geraten, kein Rosa im Einband. Doch dann jammert sie, als Frau habe sie es so schwer im Literaturmarkt, Beachtung zu finden, kein männlicher Kritiker wolle eine Frau rezensieren, und Männer wüßten keine Antwort auf die Frage, welches Buch einer Frau sie zuletzt gelesen hätten oder welche Frau außer ihrer Mutter ihnen ein Vorbild sei.

So ein Quatsch. In der vaterlosen Gesellschaft (Mitscherlich, „Weg zur vaterlosen Gesellschaft”, 1963) fehlen seit vielen Jahrzehnten männliche Vorbilder. Wie ich u.a. im Buch „Nein!” dokumentierte, wurden inhaltsleere Bücher von Frauen sensationell hochgejubelt, z.B. die Beschreibung einer Frau über (von ihr eingebildeten) Schwierigkeiten, richtig entjungfert zu werden, wozu fast jeder junge unvergebene Mann bereit gewesen sein dürfte. Nur schienen fast alle ihr nicht gut genug, fielen durch ihr Selektionsraster – wegen der weiblichen Wahlmacht sind Frauen sehr anspruchsvoll! Für Jungen kann es dagegen ein echtes Problem sein, wenn sie von Mädchen abgewimmelt werden, daher nicht imstande sind zu lernen, wie sie erfolgreich mit Mädchen umgehen können, ungeschickt bleiben wegen fehlender Erfahrung und daher immer chancenloser werden. Wie üblich verdreht die feministische oder frauenfixierte Sicht alles ins genaue Gegenteil.

Im Focus erschien eine Serië von Rezensionen, die Henriettes „In 80 Orgasmen um die Welt” mit einem ebenso zahlreichen Männerverschleiß hochjubelte. In jedem Land benutzte die Dame einen anderen Einwohner, um sich zum Orgasmus vögeln zu lassen. Hinterher kam manch ein Mann sich dann sehr benutzt vor, weil Henriette gar nichts weiter von ihm wollte. Aber heh, denken wir nicht darüber nach, daß ein solches Buch aus Hand eines Mannes, der in 80 Ländern 80 Frauen befruchtet, von Feministinnen mit einem gigantischen Aufschrei verrissen würde. Das Buch des Mannes würde darüber hinaus – wie politisch inkorrekte Werke – als literarischer Müll bespuckt, so wie mein Buch „Nein!”, das eine Bandbreite neuer Inhalte und Stile ausarbeitet, also im Gegensatz zu obigen Sensatiönchen etwas zu sagen hat. Aber so ist die Welt: Eine Frau darf Müll schreiben, erhält dafür nicht nur eine Jubelrezension im einflußreichen Focus, sondern gleich ein halbes oder ganzes Dutzend davon. Wenn ein Mann über echte existentiëlle Probleme berichtet, keine erfundenen oder Luxusweibchenprobleme, Schwierigkeiten, an denen Leben zerbrechen können, dann wird der Mann verhöhnt, verspottet, als schlecht, ‚chauvinistisch’ und ‚dumm’ beschimpft, aber niemals irgend eine einflußreiche oder wohlgesonnene Rezension erreichen. Der einzige Grund, meine Bücher zu rezensieren, könnte sein, sie unverstanden, besser noch ungelesen, zu verreißen. Man würde das ganze Buch durchblättern, um den einen Satz zu finden, mit dem das Buch publikumswirksam verdammt werden kann. Das Urteil steht vorher fest. Man sucht sich nur einen Vorwand, um es zugkräftig zu kleiden.

So gegensätzlich stehen die Dinge bei einem Mann und einer Frau. Aber die Frau steht auf der Bühne, gehört zum Betrieb, und erzählt haarsträubend falsches Gejammer, wie viel schwerer sie es als Frau habe, wogegen ich seit drei Jahrzehnten vergeblich um Publikum und Anerkennung kämpfe, dabei mehr Inhalte habe. Meine fundierteren Bücher werden seit 30 Jahren totalignoriert. Also stank mir ihre falsche Anklage gewaltig, weil sie genau gegenteilig zur Wahrheit war. Erst recht ärgerte mich der fette Beifall, den sie vom faszinierten Publikum für ihre Lüge erhielt.

Sauer über diese ungerechte Behandlung – Lügen auf der Bühne, aber ich darf nicht lesen – wurde ich unvorsichtig. Ein Mann muß wissen, wo er ist: in Feindinnenland. Normalerweise habe ich feine Antennen eingeschaltet, was man wo gerade eben noch sagen darf. Die Kunst ist, diese Grenze auszuloten und allmählich nach hinten zu verschieben, um tiefer in einst verbotene Bereiche einzudringen. Das ist ein Balanceakt, bei dem jeder Schritt genau sitzen muß wie bei einer Gratwanderung in steilem Gebirge.

Doch hier sah ich die Felle davonschwimmen. Als die Jammeranklage, wie schwer es Frauen doch als Autorin hätten, beklatscht worden war, stellte ich mich mit zwei Büchern in der Hand in den Strom von der Lesebühne weggehender Zuhörer und tat genau das, was ich auf Festivals sonst gerade nicht tu: direkt kritisieren. Sonst trage ich meine Geschichten vor, doch dazu gab es ohnehin keine Gelegenheit.

-„Nach der einseitigen Propaganda von der Bühne steht hier der Gegenbeweis, daß es männliche Autoren sind, und erst recht feminismuskritische Stimmen, die seit 1968 in unseren Medien unterdrückt werden. Schon Esther Vilar kam in den 1970ern mit Feminismuskritik kaum zu Wort, ein Mann schon gar nicht. Männliche Sichten haben in der feministischen Gesellschaft keine Chance.”

Die meisten gingen gleichgültig vorüber, hörten erst gar nicht zu, nachdem sie aufmerksam der falschen Propaganda von der Bühne gelauscht hatten. Einige sitzende ältere Frauen guckten entsetzt. Ein Mann schmunzelte, was wohl eine Form des Auslachens war. Ernst nahm mich anscheinend niemand.

„Esther Vilar wurde nach ihrer Fernsehdebatte mit Alice Schwarzer in den 1970er Jahren bedroht, zusammengeschlagen von Feministinnen und mußte emigrieren.”

-„Das hört sich jetzt aber bedrohlich an”, erwiderte ein Mann mit abweisender Miene und negativem Unterton.

-„Bedrohlich war es von denen, die es taten: Feministinnen.”

Die Menge war verlaufen. Als ich weiterging, kam schon ein Sicherheitsmann auf mich zu:

-„Verkaufen Sie Bücher? Haben Sie eine Erlaubnis der Festivalleitung?”

-„Ich rede über Bücher und unterhalte mich.”

-„Das hat sich aber anders angesehen. Kommen Sie mal mit.”

-„Was soll das denn?”

Wir gingen zu einer Stelle, wo mehr Sicherheitskräfte waren. Einer schob den Zaun auf, um zu mir zu gelangen.

-„Haben Sie eine Erlaubnis?”

-„Wozu? Ich unterhalte mich mit Leuten.”

-„Das habe ich anders gehört. Sie haben hier antifeministische Ansichten vertreten.”

Willkommen auf einem Festival der BRD im freien Westen, im Land des Grundgesetzes und der Meinungsfreiheit. Hier darf einseitige und falsche Propaganda von der Bühne verbreitet werden, aber Kritik daran wird geahndet. Sofort ziehen dich Sicherheitskräfte aus dem Verkehr. Dabei bin ich seit drei Jahrzehnten lebender Beweis, daß Männer es schwerhaben, ihre Sicht zu verbreiten oder als Autor anerkannt zu werden, wogegen Jammerfrauen mit falschen Vorwürfen gegen die Männerwelt, die krasses Gegenteil der Wahrheit sind, für weder gut durchdachte noch literarisch anspruchsvolle Texte bejubelt werden. Ihre Ideologie wurde und wird hochgejubelt. Kritik daran wird sofort aus dem Verkehr gezogen. Meine Bücher sind ein anderes Kaliber, gehen aber unter. Das ist schlimm genug, doch wenn sie dann noch jammert, sie hätte es viel schwerer als Männer, dann geht das zu weit. Es ist so ungerecht, daß ich unvorsichtig wurde. Ich weiß, das ist kein Ruhmesblatt. Es bringt nichts, schadet nur dem Ansehen. Doch gutes Verhalten hat seit über 30 Jahren auch nichts genützt. Da kann ich es auch einmal offen und direkt versuchen.

Normalerweise wähle ich betörende, halbwegs harmlos klingende Passagen, trage mit Ausdruck vor, halte Kritik so geschickt unterschwellig, daß politisch Korrekte mit Hang zum Zensor nicht darüber stolpern und die Widerhaken nicht sofort bemerken. Auf Festivals las ich sozusagen inkognito. Doch jetzt hatte es gescheppert.

Die Sicherheitsleute drehten noch weiter. Offenbar hatten Leute, denen ich im Vorbeigehen von der Unterdrückung männlicher Autoren berichtet hatte, oder die von der Wiese starrenden Frauen, mich bei der ‚Sicherheit’ gemeldet. Meine Rede, daß Esther Vilar von Feministinnen bedroht worden war, wurde dahingehend verdreht, daß ich als Bedrohung hingestellt wurde. So funktioniert ‚politisch korrekte’ Denunzianten-‚stille Post’.

-„Dies ist privates Gelände. Haben Sie einen Ausweis?”

-„Schon gut. Ich bin schon weg.” und schlüpfte vom Platz.

Unterwegs, kam mir eine mehrköpfige Polizeistreife entgegen, die wohl auch schon zum Tatort der Feminismuskritik gerufen worden war, denn sie ging in Richtung jener Sicherheitsleute. Schnell das Zelt einpacken und verschwinden. Viel Geld bezahlt für wenige ergebnislose Stunden.

Wenn die Bücher nicht totalignoriert würden, wäre ständiges Bemühen, das dann irgendwann mal aneckt, nicht nötig. Die totale Blockade erzwingt Versuche, die Blockademauer zu durchdringen.