Feminismus und Emanzipation: Die falsche Debatte

Nicht nur der Feminismus gründet von Anbeginn auf grundsätzlichen Irrtümern und einer falschen Wahrnehmung, die bevorzugte Frauen als bemitleidenswerte, vermeintlich ‚benachteiligte’ Geschöpfe ansehen läßt und Männer für ‚dominant’ hält, obwohl die scheinbare männliche ‚Dominanz’ lediglich ein rituelles, evolutionär verlangtes Balzritual ist, das von der sexuellen Selektion der Frauen, also weiblicher Wahl verlangt, hervorgerufen und letztlich dominiert wird. Tatsächlich verhält es sich folglich genau umgekehrt, wie Feministen – und darüber hinaus Humanisten und Aufklärer – fälschlich vermeinten.

Auch die Debatte um Feminismus aller Wellen, beginnend mit der ersten Welle des 19. Jahrhunderts über die zweite Welle bis heute zur dritten, wurde auf Grundlage radikaler Irrtümer, die das Gegenteil der Tatsachen unterstellten, obendrein mit einem verkehrten Ansatz um falsche Fragen geführt. Wohl selten ist eine Debatte der westlichen Zivilisation so gründlich und radikal verkorkst worden wie die um Frauen, Familie, Geschlechterbeziehungen und Feminismus.

Grundtatsachen des Lebens, die von moderner Evolutionsbiologie nachgewiesen wurden, waren nicht bekannt, oder noch nicht in ihren Folgen für menschliches Leben und Gesellschaften verstanden worden. Darüber hinaus fehlte es an einem abstrakten, strukturalen Verständnis des Wesens und der Funktionsweise von Kultur, weil diese sowohl unbewußt wirkt, als auch in jeder Ethnie, jedem Kulturkreis, darüber hinaus in jeder Epoche anders ausgelegt ist.

Deshalb wurden auf Irrtümern beruhende aggressive Forderungen aller feministischen Wellen immer mit einer kurzsichtigen, zum Scheitern verurteilten Reaktion beantwortet, die letztlich darauf hinausläuft, das für ‚normal’ und ‚selbstverständlich’ zu halten, was Zeitgenossen von Kindheit an erlernt und erlebt hatten. Das bedeutet: Kritiker im 19. Jahrhundert, die eigentlich recht hatten mit ihrer Ablehnung militanter, männerhassender, frauenfixierter, zeitweise sogar terroristischer Feministinnen, die weibliche Dominanz vergrößerten, männliche Gegengewichte aber zerschlugen, wurden von Feministinnen vorgeführt.

Das lag daran, daß mit statischen Rollen argumentiert wurde. Plump vereinfacht: „Das ist so (in der Natur).” Dagegen gewann immer, in jeder Epoche und jeder feministischen Welle, ein feministisches Argument nach dem Motto: „Das ist nur so gemacht. Es ist eine Zuschreibung.” Indem Feministen aggressiv ihren Standpunkt einer Mehrheit aufzwangen, schienen sie zu ‚beweisen’, daß es tatsächlich eine Zuschreibung gewesen sei und damit eine vermeintliche ‚Unterdrückung’ oder ‚Benachteiligung der Frau’.

Jedem Ethnologen hätte klar sein müssen, daß die Arbeitsteilung beider Geschlechter die Grundlage menschlichen Zusammenlebens war und ist, grundlegender sogar als Ehe und Familie. Daher muß jeder Versuch scheitern, Ehe oder Familie zu retten, wenn die Arbeitsteilung aufgegeben wird, die wesentlich elementarer ist. Genau auf diese zielten aber alle feministischen Wellen.

Die menschliche Universalie war jedoch – so wie es eine Universalie ist, sprechen zu können, eine gemeinsame Sprache zu haben, in der bestimmte Gemeinschaften sich verständigen können –, daß es ein Tausch- und Ergänzungssystem zwischen den Geschlechtern gibt.

«Arbeitsteilung hat lange einen wichtigen Platz in Soziologie und Anthropologie eingenommen als die Grundlage des Prozesses ökonomischer Spezialisierung und des Austausches in menschlicher Gesellschaft. In einer Studie nennen Murdock und Provost (1973a: 203) geschlechtliche Arbeitsteilung die „grundlegende Basis von Heirat, Familie und folglich die eigentliche Quelle aller Formen von Verwandtschaftsorganisation.”»1 (researchgate)

Diese klassischen Ergebnisse zu einer kulturübergreifenden menschlichen Universalie sind zeitlos gültig. Erstaunlicherweise wurden sie genauso wenig dazu verwendet, Feminismus und Zerstörung der grundlegenden Ergänzung abzuweisen wie die Erkenntnisse moderner Evolutionsbiologie.

«Geschlechtliche Arbeitsteilung hat besondere Anerkennung erlangt als Hauptursache für Ehe und soziale Organisation. Murdock (1949), aufbauend auf seinen bahnbrechenden Studien zur geschlechtlichen Arbeitsteilung (Murdock 1937), schreibt die Universalität von Ehe und Kernfamilie der geschlechtlichen Arbeitsteilung zu, welche Gatten und Gattin in gegenseitiger Abhhängigkeit verbindet; Murdock unterstützt Durkheims Konzept organischer Solidarität. …
Beispielsweise ist jetzt bekannt, daß Frauen in Jäger-und-Sammler-Kulturen mit ihren Sammelaktivitäten wertvolle Beiträge zum Lebensunterhalt beitragen.»2 (eclectic.ss.uci.edu)

Wider unsere Tradition sind nicht Ehe und Familie die älteste Keimzelle der Gesellschaft, sondern die Ergänzung zwischen beiden Geschlechtern! In dieser gründet auch die soziale und ökonomische Arbeitsteilung, ohne die unsere moderne technische Welt undenkbar wäre. Geschlechtliche Ergänzung ist älter als menschliche Berufe; sie gab es bereits in Urzeiten, als Männer Großwild jagten, Frauen dagegen Tätigkeiten wie Sammeln ausübten, eine Aufspaltung männlicher Aufgaben in verschiedene Berufe jedoch noch nicht erfolgt war.

Solange wir das nicht begriffen haben, wird jeder Reparaturversuch der Gesellschaft und Zivilisation scheitern. Familie und Ehe sind wichtig, die kleinste Gemeinschaft von Fortpflanzung und Kindererziehung, jedoch weder die elementarste Kraft noch vollständig. Damit eine Gemeinschaft funktionieren kann, braucht es noch tiefer gehende Bezüge zwischen den Geschlechtern.

Auch heutige feministische Ethnologinnen vermögen die Universalität nicht zu leugnen.

«Wegen der trotzdem allgegenwärtigen geschlechtlichen Arbeitsteilung und der Beobachtung, daß Männer und Frauen häufig in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen Machtressourcen innehaben, sprechen Ilse Lenz und Ute Luig lieber von geschlechtssymmetrischen Gesellschaften. Andere Forscher reden von matrifokalen oder matristischen Gesellschaften.»4

Dieses Zitat stammt aus der Rezension eines matriarchatsverherrlichenden Buches (von Heide Göttner-Abendrot) einer feministischen Ethnologin. In der Rezension heißt es:

«Alles am „Matriarchat” ist harmonisch, friedlich, gut; alles am Patriarchat ist räuberisch, klassenspaltend, böse. An dieser auf heutige Kämpfe zielenden Zuspitzung leidet der Ansatz.» (a.a.O.)

Sogar solch radikale, anfeindende feministische Tendenzforschung kann die Allgemeingültigkeit geschlechtlicher Ergänzung nicht abstreiten.

Ein Fehler in Debatten war nun, sich bei der Aufgabenverteilung auf größere Körperkraft oder Fähigkeiten von Männern zu stützen. Obwohl es bei einigen Tätigkeiten durchaus gute und überzeugende Belege dafür gab und gibt, konnte das nicht funktionieren.

Aus mehreren Gründen nicht. Zum einen hat der mit viel hartem (meist männlichem) Fleiß erlangte Fortschritt von Wissenschaft und Technik die Bedeutung von Körperkraft und besonderen Fähigkeiten aufgehoben. Heute könnten Kinder spielerisch Roboter beauftragen. Zum anderen trifft die Begründung nicht den Kern. Gewiß war es unter natürlich Bedingungen sehr sinnvoll bis notwendig, die Arbeitsteilung so auszulegen, wie unsere Vorfahren sie gewohnt waren. Es war im Interesse von Frauen, die ohne moderne Technik keinerlei Interesse haben konnten, sich die schwereren Bürden und größeren Pflichten von Männern aufzuschultern.

Wenige Jahre später, noch in den 1970ern, wurde bereits evolutionär argumentiert: Mehr noch als die Stärke und spezifischen Fähigkeiten von Männern brachten evolutionäre Gründe Frauen dazu, sich Arbeiten auszusuchen, die ihren Interessen entgegenkamen, weniger gefährlich waren, ihre Fruchtbarkeit nicht einschränkten und mit Kinderbetreuung besser vereinbar waren.

Man könnte argumentieren, es verhalte sich umgekehrt: Nicht die größere Körperkraft oder größere Befähigung von Männern hatte den Ausschlag gegeben, die natürliche Rollenverteilung einzuführen, sondern umgekehrt: die natürliche, von Frauen unter natürlichen Lebensbedingungen – ohne technische Hilfsmittel – erwünschte Rollenverteilung war die Ursache, daß Frauen sich starke Männer mit spezifischen Fähigkeiten wünschten, um die anderen, ihnen unerwünschten Aufgaben erfüllen zu können. Das löste über Jahrhunderttausende eine sexuelle Selektion aus, ob nun inter- oder intrasexuell, die Männer mit den gewünschten Fähigkeiten hervorbrachte.

Als nun moderne Technik die Umstände änderten, veränderte dies die Wünsche der durch Selektion dominanten Frauen. Daß die Männer sich inzwischen an ihre einstigen – natürlichen – Bedürfnisse ‚angepaßt’ hatten, war unerheblich. Weibliche Wahldominanz, verschärft durch Feminismus, zwang Männer – nach dem klassischen Muster der Evolution – nach ihrer Pfeife zu tanzen und sich anzupassen. Das hat natürlich nichts mit ‚Freiheit’ zu tun, sondern ist im Gegenteil ein Zwang, der von Frauen und Feministinnen ausgeübt wird, mit ideologischer Keule, Moralkeule, Gesetzen, Ideologiewissenschaft, Genderismus und staatlichen Vorschriften bis hin zu Berufsfrauen, die über die Umsetzung feministischer Ziele wachen.

Es hat auch nichts mit ‚mehr Gleichheit’ zu tun, sondern ist das alte, evolutionäre Spiel unterschwelliger weiblicher Dominanzmacht, die mehr bewegt als die oberflächliche ‚männliche Autorität’, die wir sehen, die aber letztlich ein Balz- und Protzritual ist. Auch die beeindruckendsten Selbstdarstellungen von Königen, Mächtigen und Würdenträgern dürfen uns nicht täuschen, denn biologisch liegt die Entscheidungsmacht weder beim Pfau, der sein buntes Rad schlägt, noch beim König mit seiner funkelnden Krone und seinem roten Königs- oder Hermelinmantel. Unter Männern mag der König mächtig sein und herrschen. Evolutionär gesehen ist ein König der Pfau mit dem prächtigsten Gefieder, den daher die edelsten und fruchtbarsten Frauen erträumen. Es ist ein Grundsatz der Biologie, daß männliche Rangstreitigkeiten nur unter Männern stattfinden, Macht in Rangordnungen über Männer ausgeübt wird, nicht aber Frauen. Es gibt aus Sicht der Biologie keine Dominanz von Männern über Frauen, wohl aber umgekehrt.

Die Zeichen vorgeblicher ‚männlicher Macht’ täuschen uns in Bezug auf die Geschlechter; denn so sehr sie Macht von Männern über andere Männer ausdrücken mögen, sind sie biologisch gesehen nur ein Zeichen männlichen Ranges unter Männern, der zum erfolgreichen Balzritual nötig ist. Wettbewerb zwischen Männern ist biologisch intrasexueller Konkurrenzkampf um Ansehen, das dem Rang bei Tieren, oder auch in hierarchischen Ordnungen entspricht. Trotzdem ist das weibliche Tier durch Fruchtbarkeit und sexuelle Selektion dominant, auf eine unscheinbare, dem unbedarften Betrachter verborgene Weise. Der scheinbar so mächtige Mann signalisiert seinen Wert in einem Spiel der Evolution, nach dessen Regeln unbewußt die Frau über Entwicklung und Zukunft entscheidet, deren Vertreter sie gebiert, aber nicht der Mann, der sich balzend als vermeintlich ‚aktive Kraft’ inszeniert. Seine scheinbare Stärke ist ein Ausdruck strukturaler Schwäche, nämlich der Notwendigkeit, stark zu erscheinen, um nicht als Verlierer der Selektion unterzugehen. Unsere Intuition trügt abermals. Feminismus ist darauf hereingefallen, und die gesamte abendländische Zivilisation mit dem Feminismus.

Wenn Feministen von „strukturaler Macht” faseln, die Männer angeblich hätten in einer ‚patriarchalischen Gesellschaft’, so ist dies das exakte Gegenteil der Wahrheit, weil die strukturale Macht biologisch weiblich ist. Feminismus hat alle Grundtatsachen in ihr Gegenteil verdreht; diese Umkehrung ist typisch.

Doch selbst wenn wir annähmen, daß Männer sich trotz und gegen die biologische Lage mit modernen Ordnungen, Kulturen und Staaten eine Stärkeposition erarbeitet hätten: Auch dann hätten sie noch lange kein Übergewicht, denn die Evolution hat vorgesorgt, indem sie eine angeboren Frauen bevorzugende Wahrnehmung in unsere Gene geschrieben hat, was im Volksmund „Kavaliersinstinkt” genannt wird und auch dann, wenn Männer stärker sind, für eine Bevorzugung von Frauen sorgt. Ebenso ist eine Verachtung und Empathieverweigerung für rangniedere männliche ‚Verlierer’ angeboren, damit diese nicht über Mitgefühl Fortpflanzung für ihre Gene erschleichen können, die wegen ihres niederen Ranges zum Aussterben bestimmt sind. Das meint moderne Biologie, wenn sie vom männlichen Geschlecht als „genetischem Filter” spricht.

Die Evolution hat diese instinktiv schiefe Sicht eingerichtet, weil unter natürlichen Umständen Männer stärker sein sollen. Erreichen sie diese von der Evolution vorausgesetzte Stärke nicht, bricht das Gleichgewicht und das ganze System der Gesellschaft zusammen. Dann sind diese zu schwachen Männer nämlich in der Wahrnehmung von Frauen und Gesellschaft ‚rangnieder’, so daß die evolutionäre Falle, die Gene rangniederer Männer zum Aussterben bestimmt, zuschlägt. Das bedeutet, daß diese Männer auf äußerste Verachtung und Gespött stoßen, wenn sie sich über ihr Los, ihre Diskriminierung, ihren Ausschluß von Fortpflanzung beschweren. Die Schwächung von Männern durch feministische Tendenzen hat zur Folge, daß ihr Ansehen unter die Schwelle sinkt, unterhalb derer sie als ‚Verlierer’ eingestuft und deswegen gehässig behandelt werden. Genau das haben feministische Wellen regelmäßig erreicht, mit fatalen Folgen: Es löst einen Kollaps aus.

Feminismus hat radikales Ungleichgewicht geschaffen, weil alle Grundannahmen und damit alle Ziele falsch waren.

Aufgrund der angeboren bevorzugten Wahrnehmung von Frauen und ebenso angeborenen Gleichgültigkeit bis Verächtlichkeit gegenüber männlichen Verlierern, die sich nicht fortpflanzen sollen, hat Feminismus regelmäßig gesiegt, indem diese schiefe Intuition und Hilfsbereitschaft radikal ausgenutzt wurde.

Doch der wichtigste Grund, weshalb Feminismus regelmäßig gewonnen hat, war: weil falsch argumentiert wurde.

Die Arbeitsteilung der Geschlechter geht, wie die Geschlechtsunterschiede beim Menschen, auf weibliche Wahl, sexuelle Selektion, und weibliche Bedürfnisse zurück. Sie gründet eben nicht auf einer vermeintlichen ‚männlichen Übermacht’, die ‚schwächere Frauen’ angeblich ‚benachteiligt’ oder gar ‚unterdrückt’ hätte, sondern ist in genauem Gegenteil Ergebnis biologischer Wahldominanz des weiblichen Geschlechts.

Doch unabhängig von der Frage, woher die Geschlechtsunterschiede und geschlechtliche Arbeitsteilung stammen, haben diese eine tragende Bedeutung für das menschliche Zusammenleben. Sie sind sogar noch grundlegender als Familie und Ehe, die beide eine Folge geschlechtlicher Arbeitsteilung sind, aus der sie entstanden und auf der sie gründen – nicht aber umgekehrt. Die Arbeitsteilung selbst ist der Wert, weil er einen Tausch bedeutet, einzelne Individuen und Gruppen verbindet. Tausch und Gegenseitigkeit sind eine mächtige soziale Bindekraft, Grundlage auch für reife Gefühle. Wie Marcel Mauss feststellte, ist bei der Gabe nicht wichtig, was gegeben wird, sondern die Tatsache, daß etwas gegeben wird. Die Gabe verpflichtet.

Daher war die Frage, ob die sogenannten ‚Geschlechterrollen’ auf spezifische Stärken und Fähigkeiten zurückgehen, falsch gestellt. Es war eine falsche Debatte über die falsche Frage.

«Daß Frauen ihre Aktivitäten für den Lebensunterhalt wegen Beschränkungen durch Kinderbetreuung kürzen oder anpassen, wurde für verschiedene Gesellschaften hinlänglich gezeigt (Hames 1988; Hurtado et al. 1985; Jarvenpa and Brumbach 1995; Kramer 2004), aber neue Literatur hat die Spanne der Strategien betont, die Frauen verfolgen können, um die Tätigkeiten von Produktion und Reproduktion zu handhaben, statt sich auf die Begrenzungen ihrer körperlichen Fähigkeiten oder die Schwierigkeiten ihrer Aufgaben zu konzentrieren. (Kramer 2005; Peacock 1991).»3

Die Arbeitsteilung der Geschlechter war zwar oft, bei einigen Tätigkeiten so gut wie immer, in einer traditionellen und stabilen Weise erfolgt, so daß es fast wie eine menschliche Universalie aussieht, daß Männer bestimmte Tätigkeiten verüben und Frauen andere. Das gilt – aber nur fast. Denn tatsächlich ist nicht entscheidend, wer was macht, sondern die abstrakte Tatsache, daß es eine Arbeitsteilung gibt und beide Geschlechter dadurch in Bezug gesetzt werden.

Sprache und kulturelle Arbeitsteilung sind sehr ähnlich: beides sind abstrakte Strukturen, die eine spezifische, dem Menschen angeborene Befähigung und Notwendigkeit sind. Der Mensch braucht Sprache, um sich mit anderen geistig verständigen zu können. Der Mensch braucht Kultur (in Sinne geschlechtlicher Ergänzung und Bezüge), um sich sozial zu ‚verständigen’, damit es verläßliche Bezüge gibt, mit denen nicht nur sein Sozialverhalten, seine Identität, sondern auch Gefühle reifen können.

Alle Sprachen sind ähnlich; doch finden sich leicht irgendwo in der Welt Sprachen, die bestimmte Eigenschaften nicht haben. Nicht einmal unser Lautsystem ist angeboren, sondern in jeder Sprache anders. Die menschliche Universalie dagegen ist, ausnahmslos und absolut, daß alle gesunden Menschen in ihrer Kindheit mühelos ein Lautsystem erlernen, das die fluide Vielzahl möglicher Laute durch ein Lautsystem ersetzt, das erst aufgrund der ganzen Gruppe gemeinsamen Differenzen zu funktionieren beginnt. Wir alle teilen die Kenntnis, welcher Laut sich als ‚P’ qualifiziert, welcher als ‚T’, und wie wir beide unterscheiden können. Heben wir diese Unterscheidung auf, brechen Sprache und Kommunikation zusammen.

Genau das betrieben alle feministischen Wellen bei den Grundlagen menschlichen Lebens, von Familie und Gesellschaft. Die Genderideologie ist nur die radikalste Formulierung dieses Irrtums, der von Anfang an, in der ersten Welle bereits, angelegt gewesen ist. Wo statt zwei sich in Liebe und verläßlicher Ergänzung verbundenen Geschlechtern eine unendliche Zahl fluider ‚Gender’ herumspuken, ist Kultur im Sinne geschlechtlicher Ergänzung, die grundlegender ist als sogar Ehe und Familie, begreiflicherweise ebenso unmöglich wie sprachliche Verständigung mit fluiden Lauten, die keine Phoneme, keine Buchstaben ergeben.

Dies mag auf den ersten Blick abstrakt wirken, ist aber der richtige, allgemeingültige, menschlich universelle Ansatz. Männliche und weibliche Stärken und Befähigungen waren ein falscher, irreführender Ansatz – sogar in solchen Fällen, wo sie sich deutlich nachweisen ließen. Denn die Stärken und Befähigungen könnten eher evolutionäres Ergebnis bereits bestehender Rollen als deren Ursache sein.

Wichtig ist nun, nicht bei der noch trivialen Erkenntnis stehenzubleiben, daß alle feministischen Annahmen falsch, meist das Gegenteil der Wahrheit waren, und unsere Wahrnehmung in Geschlechterfragen intuitiv falsch ist. Es reicht nicht, die menschliche Universalie geschlechtlicher Ergänzung intellektuell und abstrakt zu rehabilitieren. Denn das ist eine Grundkraft menschlichen Lebens, eine Universalie aller Kulturen und Epochen, grundlegender noch als Ehe und Familie. Diese Grundkraft wiederherzustellen ist daher mindestens genauso dringend wie Ehe und Familie wiederherzustellen, oder noch wichtiger.

Kulturelle Ergänzungsstrukturen bereichern das Leben; sie sind Ursprung von Heirat, Familie und Gesellschaft überhaupt, darüber hinaus der Arbeitsteilung. Je vielfältiger und umfassender sie sind, umso besser und stärker können sie ihr heilsames Werk tun, Menschen verbinden, Ausgleich und Bezüge schaffen, verantwortliches Handeln und anteilnehmende Gefühle stärken. Was Not tut, unbedingt erforderlich ist, ist somit das genaue Gegenteil von Genderideologie und Feminismus: Eine Neubegründung ergänzender Kultur. Je reicher deren Struktur, umso menschlich reicher Zivilisation, Gesellschaft und Leben.

Dieser Artikel wird in das Buch „Abrechnung mit dem Feminismus: Flaschenpost in die Zukunft. Zweiter Band zur zweiten Welle” eingehen. Die Grundlagen wurden bereits im ersten Buch „Kultur und Geschlecht. Feminismus: Großer Irrtum – schwere Folgen” herausgearbeitet.

Fußnoten

1 «Division of labor has long occupied a prominent place in sociology and anthropology as the foundation of the processes of economic specialization and exchange in human society. In a recent study, Murdock and Provost (1973a: 203) refer to the sexual division of labor as the “most fundamental basis of marriage and the family and hence the ultimate source of all forms of kinship organization.”» https://www.researchgate.net/publication/227854981_Entailment_Theory_and_Method_A_Cross-Cultural_Analysis_of_the_Sexual_Division_of_Labor

2 «Division of labor by sex has gained specific recognition as a major cause of marriage and of social organization. Murdock (1949), drawing on his pioneering study of sexual division of labor (Murdock 1937), attributes the universality of marriage and the nuclear family to the sexual division of labor, which binds husband and wife into mutual dependencies; Murdock thus supports Durkheim’s concept of organic solidarity. …
For example, women in hunting and gathering societies are now known to make a valuable contribution to subsistence through their gathering activities.» http://eclectic.ss.uci.edu/~drwhite/pw/AModel_ofSexualDivision_ofLabor.pdf

3 «That women curtail or adjust their subsistence activities owing to child-care constraints has been adequately shown in several societies (Hames 1988; Hurtado et al. 1985; Jarvenpa and Brumbach 1995; Kramer 2004), but recent literature has emphasized the range of strategies that women can pursue to manage the dual tasks of production and reproduction, rather than focusing on limitations to either their physical prowess or the range and difficulty of their tasks (Kramer 2005; Peacock 1991).» https://www.researchgate.net/publication/227854981_Entailment_Theory_and_Method_A_Cross-Cultural_Analysis_of_the_Sexual_Division_of_Labor

4 Die Herrschaft der Mutter, http://jungle-world.com/artikel/1997/46/38062.html